Andacht von ÄP Dr. Peter Fritz

Liebe Gemeinde,

in der jetzigen Zeit haben zumindest einige von uns viel Zeit; gelegentlich mehr, als uns lieb ist.
Beim Gottesdienst am 11. Juli konnten wir eine Goldene Hochzeit feiern.  Mindestens 50 Jahre gemeinsamer Zeit wollen bedacht werden.
1970 war eine Zeit des Aufbruchs.
Willy Brandt war seit einem Jahr Bundeskanzler, die Verständigung mit zuvor feindlichen Staaten begann. Die sog. Studentenbewegung hatte ihren Höhepunkt erreicht. Das Goldpaar gab sich das Ja-Wort in unserer Kirche.

Wo sind die 50 Jahre geblieben?
Besonders, was hält ein Paar und uns Menschen so lange zusammen?

Dazu gibt es seit vielen Jahren sog. Lebenshilfen in Buch- Lied- oder sonstiger Form. Diese Ratgeber stellen sich zumeist so dar, dass sie als erste in der Geschichte der Menschheit die Regeln für ein gutes Zusammenleben der Menschen vollständig darstellen würden. Aber dem ist nicht so.
Mit das älteste Rechtsbuch der menschlichen Geschichte, ca. 2.500 Jahre alt, in seiner Gänze ist die jüdische Tora, darin die Zehn Gebote.
Der sog. Dekalog ist die Grundlage auch noch unseres heutigen Lebens. Die ersten vier Gebote legen uns auf, wie wir uns Gott gegenüber zu verhalten haben, die sechs folgenden nennen die Verbote, die ein gutes Zusammenleben der Menschen ermöglichen: Du sollst Vater und Mutter ehren, du sollst nicht töten, nicht ehebrechen, nicht stehlen, deinen Nachbarn nicht belügen und nicht nach dessen Besitz trachten.

Wenn wir uns so umschauen in der Welt: wer hält sich eigentlich daran?

Pauschal gesagt, eigentlich nur wir einfachen Leute. Je höher wir in der von Menschen geschaffenen, irdischen Rangfolge der gesellschaftlichen Bedeutung gehen, umso eher finden wir Menschen, die auf diese von Gott geschaffenen Verbote pfeifen, warum?

Die Zehn Gebote mahnen uns Verbote, d.h. Dinge, die wir nicht tun sollten. Solche Verbote mögen richtig sein, sind aber für die Motivation, diesen Verboten zu folgen, eher schlecht geeignet. Sie sind eine Äußerungsform Gottes im Alten Testament.

Paulus entwirft in seinem Brief an die Römer(12, 9 – 17b) ein positiveres Menschenbild und positive Ratschläge für das menschliche Verhalten.
Seid ehrlich in der Liebe, spielt nichts vor: „Die Liebe sei ohne Falsch.“
Unterscheidet in Gut und Böse und handelt danach: „Hasst das Böse, hängt dem Guten an.“
Die Zuneigung muss ehrlich aus dem Herzen kommen: „Die brüderliche Liebe untereinander sei herzlich.“
Begegnet einander mit Respekt und demütig: “Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor.“
Wenn ihr etwas Eurer Meinung nach Richtiges anpackt, dann tut es sofort: „Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt.“
Wenn Ihr etwas Eurer Meinung nach Richtiges tut, dann tut es mit Begeisterung: „Seid brennend im Geist.“
Folgt den Geboten Jesu: „Dient dem Herrn.“
Erwartet mit Freuden etwas, das ihr nur erhofft: „Seid fröhlich in Hoffnung,“
Nehmt Unangenehmes im Leben mit Geduld hin: „geduldig in Trübsal,“
„Seid beharrlich im Gebet“. Diese Aufforderung verstehe ich nicht als Aufforderung, ständig fromm betend durch die Welt zu gehen.
Es ist vielmehr der feste Glauben daran, dass, wo Menschen uns nicht helfen können, wir uns immer auf Gottes Gnade und Hilfe verlassen können und darum beten dürfen und können.

Nun werden viele von uns sagen – mich eingeschlossen: Das sind ja alles fromme Wünsche. Wenn alle danach handeln würden, wäre das ja schön. Aber die Welt ist doch in Wirklichkeit ganz anders und besonders die meisten Menschen auch.
Das mag alles richtig sein.
Aber welche Alternative haben wir. Der heulenden, geld- und machtgierigen Menschen-Herde zu folgen; oder wenigstens zu versuchen, uns bescheiden nach diesen Vorgaben zu verhalten.
Das wird uns vielleicht nicht zu Berühmtheiten und gesellschaftlich hochgestellten Persönlichkeiten machen.
Aber wir können, blicken wir auf unser Leben zurück, mit Freuden Gott und den Menschen gegenüber aufrichtig diese, unsere Lebens-Grundlagen rechtfertigen, wenn wir auch damit in vielen Augen als hoffnungslose Träumer angesehen werden.

„Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“

Das ist wirklich genug, um ein erfülltes Leben zu führen...

Amen

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